Samstag, den 08. Oktober 2011 um 13:07 Uhr

Sängerreise 2011 nach Lohr am Main

 

Braubacher Sänger auf Reisen von Spessarträubern überfallen!

Es sei vorweg gesagt: sie kamen alle mit dem Leben davon und behielten auch Hab und Gut. Wie’s dazu kam?

Alles fing an, wie gewohnt: Am dritten Septemberwochenende startete früh um 7:30 Uhr die Chorgemeinschaft Braubach 1843/1883 zu ihrer diesjährigen Vereinsfahrt, wie gewohnt hervorragend organisiert von „Reiseonkel“ Rainer Heidrich. Und es ist Chronistenpflicht, zu berichten, dass der Koffer eines gewissen Sängers mit von der Partie war!- Groß war allerdings das Erstaunen der Reiselustigen, als sie statt des „alten Schätzchen“ von einem hübschen, modernen und mit reichlich Pferdestärken versehenen Bus aufgenommen wurden. Das einzig „Vertraute“ war Paul, der Fahrer, was als gutes Omen für die Reise in den Spessart nach Lohr am Main gewertet wurde.

Aus dem Talnebel in den Sonnenschein auf der Höhe,- das Wetter meinte es gut mit den 32 Fahrtteilnehmern. Es ging zügig voran, bei bester Stimmung und (hier entwickelte ein Sänger geradezu mütterlich-soziale Fürsorge für seine Kameraden) regem Gebrauch des Kühlschrankinhalts, unterbrochen lediglich durch eine zünftige Brotzeit, bei der natürlich der „musikalische Senf“ nicht fehlen durfte. Zwei Anläufe waren am Ziel nötig, um die durch Baumaßnahmen und die Buslänge komplizierten Lohrer Straßenverhältnisse zu überwinden. Aber mit der kundig lotsenden Hotelchefin und dank kräftiger Winkbewegungen eines Sängers landete man schließlich erfolgreich im Hof des Hotels „Bundschuh“, sogar noch vor der erwarteten Zeit. Das schaffte bis zum Zimmerbezug Raum für feuchte Akklimatisierungsübungen im Biergarten des Hauses bei „Keilerbräu“, dem wohlschmeckenden Lohrer Bier. Zu einer kleinen mittäglichen Stärkung begab man sich sodann gemeinsam ins „Bräustüble“ der Lohrer Brauerei. Donnernder Männergesang aus 28 Kehlen bildete den „Nachtisch“.

Danach brachten das „Lohrer Waschweib“ bei deftiger Sprachwahl und „Frau Bürgermeistersgattin“ mit vornehm gewählten Worten in beeindruckenden Kostüm-Stadtführungen auf jeweils ihre Art den zwei Teilnehmergruppen Geschichte und Besonderheiten der alten Stadt Lohr näher, vornehmlich, als diese noch königlich-bayrisch gewesen war. Beide Gruppen trafen am Turm der historischen St.-Josef-Kirche wieder zusammen. Das gab den Sängern Gelegenheit, mit etlichen Liedern den beiden beeindruckten Damen Reverenz zu erweisen. Anschließend blieb Zeit zu individueller, wie auch immer gestalteter Stadterkundung.

Der Abend startete mit einem vorzüglichen 3-Gang-Menü im „Brauereigasthaus Schönbrunnen“. Es gab Trank und Speise vom Besten, und das spontane, heitere Singspiel eines Sangesbruders, bei dem alle mitmachten, wirkte sich belebend auf die Runde aus. Aber dann kam eine faustdicke Überraschung! Kaum, dass man sich gestärkt hatte, füllte sich der Raum mit finsteren Gesellen und ordinären Weibern, knüppelschwingend und Drohungen ausstoßend. Bewaffnet mit Pistolen, Knüppeln und Messern, schienen die „Spessarträuber“ keinen Zweifel an ihren räuberischen Absichten zulassen zu wollen. Immer in Bewegung, konnte keiner vor ihnen sicher sein. Mancher Sänger sah plötzlich ähnlich schwarz verschmiert wie die Räuber aus. Manches Beutestück konnte nur bei entsprechender Leistung zurückerhalten werden. Ein gefesselter Sänger vermochte sich mit munterem Mundharmonikaspiel zu befreien. Andere Forderungen erfüllten die Opfer mit räuberischer Zustimmung durch geballten Chorgesang. Da ließen sich auch die Räuber nicht lumpen und gaben ihrerseits flotte Songs zum Besten, inhaltlich ihrem abenteuerlichen Leben angepasst, musikalisch befruchtet von den „Comedian Harmonists“. All das war nicht nur höchst amüsant, sondern auch lebendiger Geschichtsunterricht, der die sozialen Hintergründe, die zur Entstehung des Räuber(un)wesens im 19. Jhdt. führten, näher brachte. Auch wenn es hoch herging, einem gelang es dennoch, sich schlummernd in die innere Emigration zu begeben, von den Räubern großzügig toleriert. Schließlich,- die finsteren Gesellen waren längst winkend davongezogen und das Ständchen für die Wirtin war verklungen,- landeten alle in der ruhig gelegenen Herberge zu erquickendem Schlummer. Bei der Tagesfülle konnte die hauseigene Kellerbar da nur noch wenig aufhalten.

Der zweite Tag sollte dem ersten hinsichtlich der Erlebnisfülle in nichts nachstehen. Ein opulentes, munteres Frühstück („Wie möchten Sie die Eier? Geschüttelt? Gerührt? Gespiegelt? Ge….?) rüstete für den Besuch des so in Deutschland wohl einmaligen Schulmuseums im Lohrer Stadtteil Sendelbach; ein gemütlicher Fußweg über den Main führte zu dem früheren Schulgebäude. Der Museumsleiter, selbst ehemaliger Volksschullehrer, gestaltete vor den brav in engen Schulbänken sitzenden „Sängerknaben“ mit einem humorgewürzten, kenntnisreichen und kompetenten Vortrag eine „Schulstunde“, die Einblick gab in das deutsche Bildungs- und Erziehungswesen von 1789 bis 1989,- vom Kadavergehorsam hin zur freien Meinungsäußerung. Eine überaus reichhaltige Ausstellung pädagogisch relevanter Exponate, verteilt über drei Stockwerke, fesselte die Aufmerksamkeit der Besucher. So z.B. konnte man in der „Preußischen Lehrerzeitung“ lesen, dass ein täglich 25 km zurücklegender Postgaul seinem Briefträger 725 Mark einbrachte, während zur gleichen Zeit ein Lehrer ganze 540 Mark Gehalt bekam.

Mit einem „Fleißkärtchen“ belohnt, mussten sich die Sänger losreißen, weil draußen bereits drei Planwagen warteten, natürlich feucht bestückt und jeweils mit zweispännigem „Hafermotor“ ausgerüstet. Es folgte eine gemütliche, erhol- und unterhaltsame Wagenfahrt durch die Auwiesen am Main entlang bis Steinebach, dann hinein ins waldige Buchenbachtal. Bergauf zockelte man bis zum Gasthof „Buchenmühle“. Von dort ging’s, zur Abwechslung mal auf „Schusters Rappen“, die Anhöhe hinauf zur Wallfahrtskirche „Maria Buchen“, die einen über Treppen durch den steilen Klostergarten, die andern auf weniger beschwerlichem Fußweg. Pflicht und zugleich Bedürfnis war es den Sängern, in der schönen Kirche unter Jürgen Salzigs Leitung einige Lieder einfühlsam vorzutragen. Zurück im Gasthof, machte man gerne Gebrauch von dessen reichhaltigem Angebot zur Stärkung. Auch die sechs Pferde waren inzwischen versorgt worden, und so startete man genüsslich zur Heimfahrt, die auf dem Hotelhof endete. In der anschließenden Verschnaufpause gewann den Zweikampf zwischen Matratze und Biergarten bei den meisten letzterer mit seinem „Keilerbier“. Gemütlich schlenderte man später zum „Weinhaus Rose“. Dort gab es wiederum tolles Abendessen zu genießen, mit integrierter 5-teiliger Weinprobe, vom Chef des Hauses veranstaltet.

Kaum blieb Zeit zum Austrinken, denn kurzfristig ins Programm genommen hatte man eine Abendfahrt über einige Kilometer nach Wiesthal im Spessart zum Besuch des dortigen Gesangvereins „Sängerhort“, der just an diesem Tag sein 110jähriges Bestehen feierte, zusammen mit 15 Jahren Frauenchor und 10 Jahren Kinderchor. Der als „Männerchor aus dem Rheinland“ angekündigten Chorgemeinschaft wurde zu später Stunde ein überaus herzlicher Empfang zuteil. Der schnell entstandene, fröhliche Kontakt bei Gesang, munteren Gesprächen und Durstlöschen ließ den Abend später als gedacht mitternächtlich ausklingen. Entsprechend gering war nach kurzer Heimfahrt die Neigung, die angesagte „Bettpflege“ durch andere Aktivitäten hinauszuzögern.

Auch der dritte, der letzte Reisetag hielt noch Höhepunkte bereit. Nach dem Abschiedsständchen im Hotel führte die Fahrt, nur anfänglich verregnet, am Main entlang über Marktheidenfeld nach dem Weinort Homburg. Dort wartete der ehemalige Besitzer und Betreiber der 1975 wegen Unrentabilität geschlossenen und im Originalzustand verlassenen und erhaltenen Papiermühle, mittlerweile Kulturdenkmal im Staatsbesitz. Dem betagten Führer spürte man das persönliche Engagement ab. Er weihte in die Geheimnisse der Papierherstellung seit dem Altertum ein, zeigte vom Keller bis unters Dach des wunderschönen, großen Fachwerkbaus Räumlichkeiten, Rohstoffe, Fertigware, Maschinen und Werkzeuge für die Papierherstellung. Beeindruckend wirkte das intakte riesige, oberschlächtig betriebene Wasserrad mit einem Durchmesser von 8 m, das über Zahnräder und Transmissionsriemen Energie und Bewegung in die Räume liefern kann. Am Ende dankten die Sänger im „Lumpenraum“ dem Führenden und seiner Ehefrau mit einem „3-Lieder-Ständchen“, sehr zu deren Freude.

Der anschließende Fußweg hin zum Ortszentrum, vorbei an etlichen Weinbaubetrieben, vermittelte einen kleinen Eindruck von dem hübschen Mainort. Im Gasthaus „Wolzenkeller“ dann gab’s, bei gemütlichem Sitzen in historischem Gemäuer, aus hervorragender Küche die „Henkersmahlzeit“.

Körperlich und geistig wohltuend gesättigt traten die Fahrtteilnehmer am Nachmittag die ungestörte Heimreise an. Manchem fielen bald die Augen zu. War’s Müdigkeit? Erlebnisreichtum? Vorfreude auf daheim?

Mit der Ankunft im Heimatstädtchen ging eine bestens organisierte und wegen der relativ kurzen Reisestrecke ereignisreich ausgestattete, harmonische Sängerreise glücklich zu Ende.

Gerhard Julius

Zuletzt geändert am: Donnerstag, den 26. April 2012 um 13:29 Uhr

 

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